Wir wollen heute einmal der Frage nachgehen, warum Sand eigentlich ein wertvoller und umkämpfter Rohstoff ist, obgleich etwa 1/3 der Erdoberfläche dieses Planeten von Wüsten bedeckt ist.
Klären wir zunächst, was den Rohstoff Sand eigentlich so wertvoll macht. Sand ist ein äußerst wichtiger Rohstoff, da er buchstäblich das Fundament der boomenden Bauwirtschaft darstellt, indem er maßgeblich für die Herstellung von Stahlbeton benötigt wird. Die Superlative zum Thema Sand hat unter anderem Schrot & Korn in Ihrer aktuellen Ausgabe (04/2016) einmal zusammengefasst:
- Sand und Kies sind nach Luft und Wasser die am meisten genutzten Ressourcen der Erde. Sie machen bis zu 85 Prozent der abgebauten Rohstoffe aus.
- Für Bauwirtschaft, Aufschüttungen und Industrie werden global pro Jahr über 40 Milliarden Tonnen Sand und Kies benutzt. Doppelt so viel, wie alle Flüsse der Erde führen können.
- Mit der jährlich weltweit benötigten Menge an Beton könnte man jedes Mal aufs Neue eine 27 Meter hohe und 27 Meter breite Mauer entlang des Äquators bauen.
- Allein China hat zwischen 2011 und 2013 mehr Beton verbaut als die USA im gesamten 20. Jahrhundert.
- Jeder Deutsche verbraucht im Schnitt pro Jahr unglaubliche 2,9 Tonnen Sand. Etwa 80 Prozent davon stecken in den Häusern, Straßen und Brücken, die wir nutzen.
Das sind wahrlich beeindruckende Zahlen, die eindeutig belegen, dass Sand einen wertvollen Rohstoff darstellt – aber ist es auch ein umkämpfter Rohstoff? Unsere Erdoberfläche ist doch zu 1/3 mit Wüsten bedeckt?
Die Landmasse unserer Erde besteht zwar zu 1/3 aus Wüsten, zumindest sofern man Halb- und Randwüsten mit einrechnet, doch eine Wüste muss nicht unbedingt aus Sand bestehen, sondern man unterscheidet grundsätzlich Trocken- und Kältewüsten. So genannte Sandwüsten bilden wiederum nur einen Teil der Trockenwüste. Entscheidender als dieser Umstand ist jedoch, dass der verhältnismäßig feine Wüstensand gar nicht als Baumaterial verwendet werden kann, da dieser aufgrund der Winderosionen zu rund und gleichmäßig ist. Sand als Baumaterial kommt demnach nicht aus der Wüste, sodass selbst „Wüstenstaaten“ wie die Vereinigten Arabischen Emirate den Sand importieren müssen. Die ursprüngliche ironisch gemeinte englische Redewendung, dass ein guter Verkäufer „could sell sand to an arab“ ist paradoxerweise Realität geworden.
Und genau hier liegt das Kernproblem: Der endliche Rohstoff Sand muss für solche Staaten aus anderen Bereichen der Welt abgebaut und importiert werden – legal und sogar illegal. Das hat massive ökologische und soziale Folgen, denn der potenzielle Bausand, mit der benötigten rauen, kantigeren Oberfläche, wird überwiegend vom Grund der Meere abgebaut. Gewaltige Schwimmbagger saugen den Sand vom Meeresboden – inklusive der gesamten Flora und Fauna des Meeresbodens, wodurch sämtliches Leben auf dem Meeresgrund von einer auf die andere Sekunde erlischt. Dies setzt nicht nur eine ökologische Kettenreaktion in Gang (Stichwort „Nahrungskette“), sondern hat auch kaum abzusehende soziale Folgen. Verschwindet das Leben aus dem Meer, vernichtet man gleichzeitig die Existenzgrundlage der Menschen, die von den Fischen und Meeresfrüchten leben. Noch weitreichender manifestieren sich die Auswirkungen, wenn der Sandabbau das gesamte natürliche Gleichgewicht zwischen Wind, Wellen und Strömungen durcheinanderbringt. Dieses komplexe Zusammenspiel kann dazu führen, dass sich auch der restliche Sand in Bewegung setzt, wodurch sich Küstenabschnitte verändern und einzelne Strände oder sogar ganze Inseln verschwinden können.
Außer durch gezielte Protestaktionen kann man als BürgerIn oder KonsumentIn leider nur bedingt etwas gegen den Sandverbrauch unternehmen, da die öffentliche Hand durch den Bau von Gebäuden und Straßen noch immer die größte Verbraucherin des Sandes ist.
Schrot & Korn hat für sensibilisierte VerbraucherInnen zumindest ein paar Handlungsalternativen zusammengetragen, die wir Ihnen natürlich nicht vorenthalten wollen.
- Weniger Auto fahren (Für einen Kilometer Autobahn brauchen wir 30 000 Tonnen Sand. Je weniger Menschen Auto fahren, desto weniger neue Straßen werden geplant).
- Reparieren statt neu kaufen (Sand steckt in vielen Alltagsdingen, in denen wir ihn nie vermutet hätten. Den eigenen Konsum reduzieren, hilft somit Ressourcen zu schützen).
- Sanieren statt neu bauen (Ein Einfamilienhaus benötigt etwa 200 Tonnen Sand. Die eigene Wohnfläche im gesunden Maße zu begrenzen und zu sanieren, ist meist nachhaltiger als neu zu bauen).
- Stromanbieter wechseln (Ökostrom beziehen, denn je mehr Treibhausgase die Erderwärmung und somit den Meeresspiegel steigen lassen, desto schlimmer erodieren die Küsten).
- Ökologischen Tourismus fördern (Wer nachhaltige Gastbetriebe unterstützt und so die Nachfrage nach Hotelburgen an Stränden reduziert, sorgt für ein Gleichgewicht am Meer und dessen Küsten).
- Alternativen zum Sand berücksichtigen (Ton und Lehm sowie Recyclingbeton und Recyceltes Altglas sowie ökologische Dämmstoffe).
Dies sind zumindest eine paar Anhaltspunkte, um die Probleme des Sandabbaus im Rahmen des privaten Konsums ein wenig zu minimieren. Sämtliche negative Effekte des Sandabbaus darzustellen, würde hier allerdings den Rahmen sprengen. Wer daher mehr über den Rohstoff Sand erfahren möchte, dem sei exemplarisch der Film „Sand – Die neue Umweltzeitbombe“ ans Herz gelegt, der die Folgen des Sandabbaus eindrucksvoll dokumentiert.