FahrRad für Umwelt, Gesundheit und Geldbeutel

Vor genau 200 Jahren wurde das erste Fahrrad als Fortbewegungsalternative zum Pferd erfunden. Es war gleichsam die Erfindung der individuellen Mobilität. Seit dem hat sich viel bei der zweirädrigen Entwicklung getan – aber vielleicht noch nicht genug: Was es bisher für Mensch und Umwelt leistet und noch leisten könnte.

Fahrrad vor Sonnenuntergang

Die einstige Laufmaschine von Karl Freiherr von Drais kann als Ur-Fahrrad bezeichnet werden. Gemäß seinem Karlsruher Erfinder erreichte sie im Jahre 1817 bereits Geschwindigkeiten „wie ein Pferd im Galopp“. Das Potenzial des heutigen Fahrrads scheint hingegen fast grenzenlos zu sein. Eine kleine Auswahl an Weltrekorden fahrbarer Räder:

  • Das längste Fahrrad ist erstaunliche 41,42 Meter
  • Das höchste Fahrrad misst schwindelerregende 6,15 Meter
  • Das schwerste Fahrrad wiegt satte 750 Kilo
  • Das leichteste Fahrrad wiegt lediglich 2,7 Kilo
  • Die schnellste Fahrradfahrt betrug atemberaubende 268,83 km/h
  • Die längste Fahrradtour ging über 648.000 Kilometer und dauerte 51 Jahre
  • Die größte Fahrradtour bestand aus 136.411 RadlerInnen

Die mobile Innovation schenkte dem Menschen nicht nur neue räumlich-individuelle Freiheit, sondern das Radfahren bietet bis heute immense sozio-ökologische Vorteile:

  • effizienter und damit kraftsparender als zu Fuß gehen
  • schneller als eine Autokurzstreckenfahrt bis 5 km
  • umweltfreundlicher als CO2-emittierende Mobilität
  • stressfreier als im Stau stehen und Parkplatzsuche
  • günstiger durch Verzicht auf Benzin/Diesel und Ticket
  • individueller durch zeitliche und räumliche Flexibilität
  • gesünder als andere Verkehrsmittel durch Bewegung
  • geräuschärmer als Transportmittel mit lauten Motoren
  • sozialer als Fahrzeuge, die schädliche Abgase emittieren
  • platzsparender als große Autos oder gar SUVs
Pro Fahrrad Contra Auto

Privatautos stehen circa 95 % ihrer Lebenszeit ungenutzt am Straßenrand. Auf jeden einzelnen Parkplatz lassen sich etwa acht Fahrräder abstellen. Alternativ ließen sich diese Räume auch anderweitig nutzen, um z.B. Bäume zu pflanzen und damit die Lebensqualität zu steigern.

Das Fahrrad auf dem europäischen Vormarsch

Die Förderung der Fahrradfreundlichkeit ist ein zielführender Ansatz, um sowohl gesundheitliche, soziale als auch ökologische Belange ganzheitlich zu unterstützen. Die dafür notwendige Infrastruktur spielt eine entscheidende Rolle.

„Über 50 Pro­zent der Pend­le­rin­nen und Pend­ler in Kopenhagen nut­zen für ihre Wege zu Arbeit oder Aus­bil­dung das Fahr­rad – jeden Tag.“

Kopenhagen gilt aufgrund ihres ganzheitlichen Radförderungsprogramms gemeinhin als heimliche Fahrradhauptstadt Europas. Selbst die Post wird in der dänischen Hauptstadt nahezu ausschließlich mit dem Lastenrad ausgeliefert. Andere Städte ziehen kräftig nach und erkennen das Potenzial einer intakten Fahrradkultur. Das finnische Helsinki verfügt beispielsweise bereits über stolze 1.200 km Radwege. Einen wichtigen Faktor stellt das Fahrradleihangebot einer Stadt. Hier ist Lyon Europas Klassenprimus, da es die Franzosen insbesondere verstehen, den Zugang zu den Rädern zu erleichtern. Eine weitere Vorbildfunktion übt Amsterdam aus, die nunmehr vermehrt in Radschnellwege investieren, um das Fahrrad auch für längere Strecken interessant zu gestalten. Die Stadt geht auch kreative Wege, indem sie konfiszierte Räder zu günstigeren Preisen anbietet als geklaute Räder auf dem Schwarzmarkt erzielen. Dadurch halbierte sich die Diebstahlrate, da es kaum mehr lukrativ ist, Fahrräder zu stehlen.

Fiets - Räder Amsterdam

Amsterdam plant, 50.000 weitere teils kostenlose Stellplätze für Räder (Fiets) zu schaffen.

Und wie stehts um Deutschland, Österreich und die Schweiz?

In Deutschland glänzt Münster gemäß einer ADFC-Umfrage mit ihren breiten und sicheren Radwegen sowie einer fahrradfreundlichen Ampelschaltung. Trotz Fahrradleihsysteme und 750 km Radwegen kann Berlin im europäischen Hauptstadtvergleich zwar deutlich gegen Rom und London punkten, aber im innerdeutschen Vergleich teilt sich die Spree-Metropole mit Köln und Wiesbaden die hinteren Plätze. Bei den Bundesländern erreicht Niedersachen die besten Noten.

In Österreich wird gerade einmal halb so viel regelmäßig Rad gefahren wie in Deutschland. Salzburg-Stadt und vor allem das zweitkleinste Bundesland Vorarlberg trotzen hingegen der Statistik. 505 km werden in Vorarlberg durchschnittlich pro Jahr geradelt und somit mehr als doppelt so viel wie der österreichische Durchschnitt. Die Wienerin nutzt hingegen lieber den ÖPNV, anstatt sich aufs Rad zu schwingen, obgleich die angebotenen Leihfahrräder stark im Kommen sind. Kärnten bildet nahezu überall das traurige Schlusslicht: Hier wird am wenigsten Fahrrad gefahren, geschweige denn zu Fuß gegangen oder der ÖPNV genutzt.

Entgegen zu Österreich wird in der Schweiz insgesamt zwar ein wenig mehr in die Pedale getreten, aber im europäischen Vergleich bleibt es ebenfalls eher ein Fahrrad-Entwicklungsland. Positive Ausnahmen bilden hingegen Basel-Stadt und Winterthur.

„Ein Vergleich mit den 28 EU-Staaten zeigt, dass hierzulande [Schweiz] ungefähr so viel Velo [Rad] gefahren wird wie in der Tschechischen Republik, Litauen, Polen, Rumänien oder der Slowakei.“

Was tun

Nun könnte man für den deutschsprachigen Raum zu folgendem Schluss kommen: Je bergiger das Terrain, desto weniger wird Rad gefahren. Aber für solch bergige Ausreden soll es ja inzwischen unterstützende und sogar nachhaltige Elektrofahrräder geben.

Die Vorteile des Radfahrens für die Gesundheit und das gemeinschaftliche Zusammenleben sowie für die Natur und das Klima sind zumindest offensichtlich. Selbst Auto-Pionier Adam Opel nannte das Automobil abfällig einen „Stinkkasten“ und lobpreiste das Fahrrad als die Erfindung schlechthin, da bei ihm „das Nützliche mit dem Angenehmen so innig verbunden“ ist.

Es lohnt sich somit sowohl gesellschaftlich als auch aus Eigeninteresse, sich auf den Drahtesel zu schwingen oder sich politisch für eine fahrradfreundliche Stadt einzusetzen. Wir zumindest fahren gerne Rad und freuen uns weiterhin, damit zur Arbeit zu radeln.