Frauen führen heute wie selbstverständlich ein eigenes Bankkonto, dürfen wählen und gehen frei ihrem Beruf nach – in Deutschland zumindest. Es hat sich viel verändert seit „damals“, erinnert sich meine Oma. Gleichberechtigung ist das jedoch noch nicht. Für beide Seiten. Dass Männer immer noch gekündigt werden, wenn sie sich Elternzeit nehmen wollen, schief angeschaut werden, wenn sie ihre Frau unterstützen oder Erzieher werden möchten, verdeutlicht, wie weit wir noch von einer beidseitig gleichberechtigten Gesellschaft entfernt sind. Ein Netzwerk aus engagierten Frauen möchte das ändern.
Lediglich 4 % der Unternehmensgründungen entstehen durch Frauen. In Deutschland liegt der Frauenanteil bei gerade einmal 15 % im Vorstand von Dax-Unternehmen. Wohingegen nur bei 15 % der Männer das Vaterwerden Einfluss auf die Karriere hat. In der ganzen Debatte um Gleichberechtigung und patriarchalische Strukturen wird gerne vergessen: beide Geschlechterrollen sind gleichermaßen im System gefangen. Spätestens seit der Generation Y fragen die besten Absolventen*innen nach Freizeit und Home-Office statt schickem Dienstwagen. Die junge Generation schreit nach Selbstverwirklichung statt Sparkonto, nach dem Jetzt – und streikt für ein nachhaltiges Morgen. Zeit zu überdenken, ob unsere wirtschaftlichen Organisationsformen noch zeitgemäß sind und was wir gemeinsam tun können, um Talente und Gemeinschaft zu stärken. Und das mit Hinblick auf mehr Gleichberechtigung.
„Das größte Problem“, beobachten die zwei Gründerinnen Stina Spiegelberg und Sylvie Tittel, „ist, dass Frauen sich selbst oft zu wenig zutrauen.“ Und das wollen sie ändern. 2018 gründeten sie das nachhaltige Netzwerk Mindful Women. Ein Ort, on- und offline, an dem sie Frauen mit nachhaltigen Ideen, Projekten und Unternehmen verbinden. „Es gibt zu wenig weibliche Vorbilder“, berichten die Gründerinnen, und sprechen dabei vor allem von Frauen, die beides möchten: Job und Mindfullness. Die Welt brauche Frauen, die es vormachen, ihren Weg gehen und für ihre Vision, Hartnäckigkeit und Durchsetzungskraft anerkannt werden. Im Gegenzug ist es an der Zeit, die Rolle des Mannes zu öffnen und die Stigmatisierung endgültig aufzugeben.
„Wir haben selbst nach einem Netzwerk gesucht, das Weiblichkeit und Nachhaltigkeit verbindet. Es lag uns besonders am Herzen, die Geschlechterrollen in den Dialog zu bringen und Frauen in ihrer Weiblichkeit zu bestärken.“ Denn Frauen sind, rein biologisch aufgefasst, keine Männer und keiner von uns muss vergleichbar sein, mit einem anderen. Denn unsere Gesellschaft lebt durch ihre Diversität. Jeder Mensch hat seine ganz eigenen Charakteristiken und Eigenschaften und sollte frei darüber entscheiden können wie er/sie diese nutzt und sein/ihr Leben gestaltet. Doch wenn es uns niemand vorlebt, uns anspornt oder Mut macht, fällt es schwer neue Wege zu gehen.
Wenn Frauen von Karriere sprechen, tun sie es gerne so, wie es Generationen von Männern getan haben. Aber ist es das, was wir wollen: Noch mehr „Männer“ in der Führungsebene? Die zwei Feministinnen haben darauf eine klare Antwort: „Nicht das Geschlecht ist entscheidend, sondern die persönlichen Eigenschaften. Es ist an der Zeit, dass sich die Gesellschaft für mehr soziale Themen öffnet und die Gemeinschaft vor wirtschaftliche Ziele stellt. Frauen darin ermutigen ihre Visionen laut auszusprechen und mutig anzugehen, ist für uns der erste Schritt.“
Das Netzwerk wächst rasant, mit Frauen, die etwas verändern möchten und auf der Suche sind. „Wir brauchen eine offene Fehlerkultur“, sagt Nimota Ashimi, Mitglied bei Mindful Women und NGO-Gründerin. „Aus jedem Fehler können wir lernen und andere mit unserem Wissen unterstützen!“
Seit zwei Jahren arbeitet das Mindful Women Netzwerk mit der Messe Stuttgart zusammen, um ihre online-Community in strahlenden Events zusammen zu bringen. Impulsvorträge, Panels und Expertenrunden schenken den Mitgliedern neue Inspiration und Mut. „Wir wünschen uns, dass unsere Frauen sich auf Kurzwahl haben.“ Mal schnell jemanden anrufen, die einem in Fragen zur Seite steht – so kommt einem jedes Hindernis gleich viel kleiner vor. Und für unterwegs gibt es immer das Mindful Women Mag kostenlos online oder als Printmagazin unterstützt durch dieUmweltDruckerei.
In einer Welt in der du alles sein kannst, sei du selbst. Das ist manchmal die schwierigste Entscheidung. Mit dem Rückhalt einer Gemeinschaft, in der Frauen all ihre Facetten leben, fällt das aber um einiges leichter.