Globale Verantwortung für das Klima

Globale Umweltprobleme interessieren sich nicht für Staatsgrenzen. Der weltweite Klimawandel ist damit nur teilweise eine nationale Aufgabe. Er muss vielmehr transnational verstanden und verantwortet werden. So denkt auch ein Kleinbauer aus Peru und verklagt den deutschen Energiekonzern RWE.

Ein Peruaner kämpft in Deutschland gegen den Klimawandel

Vor dem Landgericht Essen wird derzeit die Klage des peruanischen Bergführers Saúl Luciano Lliuya gegen RWE verhandelt. Das Energieunternehmen gilt als Europas größter CO2-Emittent und soll mit der Klage für die Folgen des Klimawandels in der Andenstadt Huaraz herangezogen werden. Es dürfte sich um die europaweit erste Klage dieser Art handeln, bisher hat es nur in den USA ähnliche Versuche gegeben.

In der 120.000 Einwohner zählenden Stadt Huaraz liegt das Haus des Klägers, das durch die klimawandelbedingte Gletscherschmelze bedroht wird. Konkret droht die Gefahr eines Gletscherabbruchs. Der Abbruch des Gletschers würde in dem unten anliegenden Gletschersee eine etwa 30 Meter hohe Welle auslösen, die wiederum große Teile der darunter liegenden Stadt Huaraz fluten würde.

Der Kläger hat daher beantragt, dass RWE entsprechend ihrem Anteil von 0,5 % am weltweiten CO2-Ausstoß die Kosten für Schutzmaßnahmen tragen soll. Alternativ soll sie verpflichtet werden, selbst durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Wassermenge in dem randvollen See gesenkt wird. Begleitende Unterstützung findet die Forderung durch die unabhängige Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch.

Wie kommt die Klage eines Peruaners vor das Landgericht in Essen?

RWE bezeichne sich selbst als einer der größten CO2-Emittenten Europas, weshalb die Klage sich gegen den Konzern richte.“

Die Klage von Saúl Luciano Lliuya wird rechtlich von der Hamburger Anwältin Dr. Roda Verheyen vertreten. Die Zuständigkeit von Gerichten richtet sich bei grenzüberschreitenden Sachverhalten nach den Regeln des internationalen Privatrechts. Für Umweltschäden, die außerhalb eines Vertrags eintreten, kann gemäß Art. 7 der Rom-II-Verordnung das Gericht am Ort der Emission zuständig sein. Der Kläger hat den Gerichtsstand nach dem Unternehmenssitz von RWE gewählt, der in Essen liegt.

Woraus soll sich der Anspruch auf Schutzmaßnahmen ergeben?

Eine spezielle Anspruchsgrundlage für die Klimahaftung gibt es weder im internationalen noch im deutschen Recht. Die Klage stützt sich auf § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Nach dieser Norm kann ein Eigentümer die Beseitigung von Beeinträchtigungen seines Eigentums von demjenigen verlangen, der für die Eigentumsbeeinträchtigung verantwortlich ist. Problematisch ist dabei insbesondere, die Kausalität nachzuweisen. Es lässt sich anhand von Studien belegen, wie groß der Anteil eines einzelnen Emittenten an den weltweiten Treibhausgasemissionen ist. Zudem ist wissenschaftlich belegt, dass die Gesamtheit der Treibhausemissionen zu bestimmten schädigenden Ereignissen wie Überschwemmungen beiträgt. Allerdings entsteht der Klimawandel erst durch das Zusammenwirken einer Vielzahl von Wirtschaftsakteuren und Privatpersonen. RWE vertritt die Position, dass nicht genau ermittelt werden kann, wie stark der einzelne Emittent ein konkretes Umweltereignis mitverursacht hat. So wendet die RWE AG in dem Rechtsstreit ein, dass eben keine Ursachenkette von ihrem CO2-Ausstoß bis zur Flutgefahr in den Anden bestehe.

Ausblick und Unterstützungsmöglichkeiten

Am 15.12.2016 wird das Landgericht eine Entscheidung verkünden: entweder einen Beweisbeschluss, mit dem etwa weitere Gutachten eingeholt werden, oder ein abweisendes Urteil. 

Die Vermutung liegt nahe, dass der Rechtsstreit ohnehin in die nächst höhere Instanz gehen wird, da wohl weder Kläger noch Beklagte mit dem Urteil einverstanden sein werden. Wir von der UmweltDruckerei hoffen auf eine mutige und richtungsweisende Entscheidung des Gerichts, das als nachhaltiges Zeichen gewertet werden kann. Wünschenswert wäre ein Urteil, dass sich gegen eine kollektive Verantwortungslosigkeit stellt und in eine klimagerechte Gesetzgebung mündet.

Sofern Sie ebenfalls der Meinung sind, dass der Klimawandel nicht national, sondern global von Staaten und Unternehmen verantwortet werden sollte, dann können Sie Saúl Lliuya gegen RWE mit einer Spende unterstützen. Weiterführende Informationen bietet auch die ARD-Dokumentation Letzte Chance für unser Klima.

Der Klmawandel bringt Gletscher zum schmelzen