Wir haben im letzten Beitrag über den Sinn und die Notwendigkeit eines nachhaltigen Bankings berichtet. Nun wagen wir uns in ein Terrain, von dem wir bislang noch keine Ahnung hatten: nachhaltige Versicherungen! Und wo wir selbst keine Expertise aufzuweisen haben, da müssen wir nachfragen. Das hat Dr. Kevin Riemer-Schadendorf von der UmweltDruckerei getan und bei Dr. Marie-Luise Meinhold von ver.de nachgefragt, wie Versicherungen eine nachhaltige Entwicklung beeinflussen.
KRS:
Kommen wir am besten gleich zum Punkt: Wie legen Versicherungen eigentlich ihr Geld an?
MLM:
Bisher wird kaum auf die Wirkung der Geldanlagen von Versicherungen geachtet. Eine Wirkungsorientierung ist jedoch dringend nötig!
KRS:
Was heißt genau „wirkungsorientiert“ – Was ist anders, wenn Versicherungen ihr Geld wirkungsorientiert anlegen?
MLM:
Geld kann einerseits negativ wirken und mittelbar etwa die Waffenindustrie oder Kohlekraftwerke finanzieren. Andererseits kann es jedoch auch eine nachhaltige Wirkung erzielen, indem es erneuerbare Energien und Energieeffizienz sowie genossenschaftliches Wohnen, öffentlichen Nahverkehr und Renaturierung unterstützt. So kann Geld zum Klimaschutz und zur Biodiversität beitragen und gesellschaftlichen Nutzen stiften. Wir von ver.de legen daher die Wirkung unserer Geldanlagen offen.
KRS:
Warum verfolgen andere Versicherungsunternehmen dieses nachhaltige Konzept nicht?
MLM:
Bisher ist es für Versicherungen ausreichend schwer, die Kategorien Risiko, Verfügbarkeit und Rendite in Einklang zu bringen. Die Wirkung war bisher keine relevante Größe. Wenn dies auch erfolgen soll, dann müssen neue Strukturen aufgebaut werden. Und solche Verhaltensänderungen sind nun mal aufwendig.
KRS:
Warum ist diese Problematik noch nicht bekannt?
MLM:
Die Menschen interessieren sich bisher noch zu wenig für die Wirkung von Geld, insbesondere zu wenig für die Wirkung ihres Geldes, wenn sie ein Versicherungsprodukt kaufen. Wir wollen das ändern.
KRS:
Warum ist es so wichtig, dass Versicherungen Geld nachhaltig anlegen?
MLM:
Bisher werden Versicherungsunternehmen bei Nachhaltigkeitsratings oft danach bewertet, wie viel Papier oder Strom sie verbrauchen. Da sie kaum Abwasser und Abluft produzieren, gelten sie pauschal als nachhaltig. Doch der relevante Aspekt, nämlich die Wirkung des Geldes, wird bisher in der Regel nicht berücksichtigt. Hier liegt ein Hebel für die nachhaltige Entwicklung, da sie viel Geld verwalten und somit viel Macht haben. Versicherungsunternehmen managen 2,3 Billionen EUR des privaten Geldvermögens der Deutschen. Wenn dieses Geld wirkungsorientiert angelegt wäre, wären etliche öko-sozialen Probleme gleich gelöst.
KRS:
Mit anderen Worten: Wann immer wir Geld ausgeben, hat dieses Geld auch eine Wirkung. Ob im Supermarkt oder Einkaufszentrum oder eben bei Banken und Versicherungen.
MLM:
Ganz genau! Geld hat immer eine Wirkung. Wir müssen daher im Idealfall bei jeder Investition oder Kaufentscheidung bedenken, ob wir damit eine nachhaltige Zukunft gestalten.