In Kooperation mit der Africa GreenTec Foundation reist Dr. Kevin Riemer-Schadendorf von der UmweltDruckerei und eine befreundete Filmemacherin Anastasia Zeller ins westafrikanische Senegal. Vor Ort unterstützen wir eine Frauenkooperative mithilfe einer Solaranlage. Darüber hinaus engagieren wir uns für ein panafrikanisches Aufforstungsprojekt – der Great Green Wall. Unser Nachhaltigkeitsleiter berichtet über die Erlebnisse vor Ort!
Eine beschwerliche Anreise
Die Fluganreise über Lissabon in die senegalesische Hauptstadt Dakar und die damit einhergehenden CO2-Emissionen haben wir natürlich über die Fluggesellschaft sowie zusätzlich über ein Klimaschutzprojekt kompensiert. Leider ist im portugiesischen Transit mein 80 Liter-Reiserucksack verloren gegangen, den ich erst vier Tage später wieder erhalten sollte. Vier lange, heiße Tage ohne saubere Klamotten und Hygieneartikel. Das Gute daran: Ich konnte gleich die Hilfsbereitschaft eines Senegalesen namens Thiam kennenlernen. Er ist ein Freund von Africa Green Tec. Thiam fuhr nachts in den eine Stunde entfernten Flughafen Dakar-Blaise Diagne und brachte mir um 3 Uhr morgens meinen Rucksack ins Hotel. So schnell wie Probleme entstehen, so unverhofft werden sie wieder gelöst.
Dakar selbst ist auf den ersten Blick, für einen Europäer sagen wir, gewöhnungsbedürftig. Ich habe nun bereits mehrere afrikanische Großstädte kennenlernen dürfen: von den Metropolen im Maghreb im Norden Afrikas bis ins südafrikanische Johannesburg über Nairobi im Osten bis in Ghanas Hauptstadt Accra und das togolesische Lomé im Osten. Zumeist war ich froh, diese wieder verlassen zu können. Alle sind auf ihre Art einzigartig, doch eines haben sie gemeinsam: Sie sind staubig, heiß und laut. Zudem ist es auch nicht ganz ungefährlich. Mein Französisch ist straßentauglich und Thiam warnt mich gleich vor der grassierenden Kleinkriminalität. Einer Bekannten wurden im letzten Jahr alleine drei Handys gestohlen. Entsprechend wird ein Ausländer zunächst von dem bunten, urbanen Treiben erschlagen, jedoch auch immer wieder fasziniert. An vielen Wänden sind bunte Bilder gemalt und filigrane Graffitis gesprüht, die die Kreativität der Senegales:innen widerspiegeln.
Teranga – eine senegalesische Lebensphilosophie
Alles ist neu und entsprechend ist alles ein Abenteuer: vom Einkauf beim Gemüsehändler bis zum Erwerb einer senegalesischen Sim-Karte fürs Handy. Beides sind gute Beispiele, um ein senegalesisches Phänomen zu erklären: Teranga. Es klingt vielleicht etwas plakativ, aber auch sozialpsychologische Studien belegen: Arme Menschen sind oft hilfsbereiter als reiche. Im Senegal trifft das wieder mehr als zu. Es gibt hier einen Begriff in der Landessprache Wolof: Teranga. Es bedeutet nicht nur Gastfreundschaft, sondern auch Solidarität und Gemeinschaftssinn. Ich wohne in einem ärmeren Stadtteil von Dakar und war dreimal infolge bei besagtem Kleinstlebensmittelhändler in seiner Baracke. Am vierten Tag schenkt er mir eine Portion „Yassa-Poullet“ – ein Gericht aus Hähnchen, Gemüse und Harissa-Couscous. Seine Mutter habe es gekocht – und da ich nunmehr als Nachbar ein Teil der Familie in seiner Gasse bin, teilt er sein Essen mit mir. Ich bin beeindruckt von so viel Gastfreundschaft und frage mich, ob wohl jemand in Deutschland einem fremden Senegalesen einfach so das Essen seiner Mutter anbieten würde.
Eine weitere Teranga-Erfahrung darf ich am selben Abend erleben. Ich frage einen jungen Mann auf der Straße, wo ich eine senegalesische Sim-Karte kaufen könne. Er bittet mich zu warten und holt eine aus seinem Haus. In aller Ruhe erklärt er mir, wie sie einzusetzen sei und wie ich Guthaben aufladen könne. Am Ende begleitet er mich sogar noch zu einem Laden, wo er mir beim Einkauf des Guthabens hilft. Wieder auf der Straße bedanke ich mich und frage ihn, was er für die Sim-Karte und seine Hilfe haben möchte. Er blickt mich verständnislos an, winkt sogleich ab, dass er kein Geld wolle, indem er mir entgegnet: „Aber ich hatte doch zwei Sim-Karten und du hattest keine.“ Teranga – Bienvenue au Sénégal!
Solarenergie für eine Frauenkooperative
Das effiziente Bewässern von Feldern ist in vielen ländlichen Regionen des Senegals eine große Herausforderung – auch für eine Frauenkooperative aus der nördlichen Fatick Region, die ein neues Feld erschließen möchte, um mehr finanzielle Sicherheit und Unabhängigkeit zu erlangen. Ohne eine nachhaltige Bewässerung der Pflanzen ist das jedoch unmöglich. Wir spenden daher eine Solarpumpe, die ohne fossilen Treibstoff eine zuverlässigere Ernte sicherstellt. Ein enormer Mehrwert für den Ertrag der Frauen sowie die Natur und das Klima.
Exkurs: Von Menschen und Tieren
Wir könnten jetzt über unser langes Wochenende in Gambia berichten, über den wohl schlimmsten und längsten Grenzübergang unseres Lebens inkl. diverser Kontrollen und Schmiergeldzahlungen; oder über unsere zauberhafte Eco-Lodge im Niumi National Park, doch möchten wir lieber einen scheinbar belanglosen Dialog wiedergeben.
Auf der Autofahrt nach Süden Richtung Grenze passieren wir weite Ebenen. Auf der Steppe grasen frei laufende Esel, Dromedare und Ziegen sowie Herden von Zebu-Rindern. Keine Menschenseele ist zu sehen. Ich frage meinen senegalesischen Fahrer, ob die Tiere denn keinen gehören. Er antwortet mir, als ob er etwas völlig Offensichtliches einem Kleinkind erklären müsste.
„Natürlich gehören die jemandem. Jedes einzelne Tier, was du siehst.“
„Aber ich sehe keine Viehhalter oder Hirten. Werden die Tiere denn nicht geklaut?“
„Natürlich nicht. Jeder weiß doch, dass sie jemand anderen gehören. So was macht man doch nicht.“
„Aber laufen die nicht weg? Es gibt ja gar keine Zäune?“
„Du kannst ein Tier doch nicht einsperren. Das mögen die ganz und gar nicht. Genau wie Menschen. Oder möchtest du irgendwo eingesperrt sein?“
„Natürlich nicht!“
„Dann verstehe ich deine Frage nicht.“
„Aber woher weiß ein Viehhalter denn, wo sich seine Tiere befinden?“
„Das weiß er nicht. Aber die Tiere kommen immer wieder zu ihm zurück. Sie leben in Harmonie miteinander: Trinkwasser gegen Milch und Käse. Es gibt für den Farmer keinen Grund, einen Zaun zu ziehen, noch für das Vieh wegzulaufen. Sie haben eine ‚Supernatural connection‘.“
Eine Harmonie zwischen Mensch und Tier, die verdeutlicht, wie weit sich die Massentierhaltung westlicher Industrienationen von dieser natürlichen Lebensphilosophie entfernt hat.
Große Pflanzaktion – unser Beitrag zur Great Green Wall
Die Great Green Wall ist ein ehrgeiziges Umweltprojekt, das darauf abzielt, die Ausbreitung der Wüsten in der Sahelzone zu stoppen (Desertifikation) und die Lebensbedingungen für Millionen von Menschen zu verbessern. Das grüne Band aus Trockenheit und Hitze resilienten Bäumen verläuft von Dschibuti im Osten bis zum Senegal im Westen von Afrika. Dieses panafrikanische Pflanzprojekt möchten wir natürlich unterstützen, denn die Grüne Mauer schützt nicht nur das Klima, sondern hat auch einen sozialen Effekt.
Eine internationale Kooperation auf Augenhöhe
Der Senegal ist multilingual (39 Sprachen) und multiethnisch (20 Volksgruppen) – ebenso vielfältig sind die jeweiligen Ansprüche. Es ist schön zu sehen, wie Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammen eine nachhaltige Entwicklung vorantreiben können. Gemeinsam konnten wir punktuell einer Frauenkooperative helfen und einen kleinen Beitrag zur Great Green Wall leisten. Apropos Mauer. Als ich 2017 vor der Berliner Mauer stand, habe ich folgende afrikanische Weisheit gelesen. Ich denke, erst jetzt habe ich sie richtig verstanden.
Wir hoffen, dass wir vor allem kleinere und mittlere Unternehmen inspirieren konnten, auch ihren kleinen Beitrag für eine ökologischere und sozialere Welt zu leisten. Stellvertretend für dieUmweltDruckerei bedanke ich mich bei dem gesamten Team von Africa Green Tec und der Africa Green Tec Foundation sowie allen freiwilligen Helfer:innen für die großartige Zusammenarbeit!