Wir engagieren uns regelmäßig sowohl für ökologische als auch soziale und kulturelle Projekte. Und für Sport? Bisher noch nicht. Aber jetzt, denn ab sofort sind wir Trikotsponsorin! Inwiefern Sport nicht auch ökologisch und sozial sein kann, hinterfragt unser Nachhaltigkeitsleiter bei Julia Zwick von St. Pauli Roller Derby.
dieUmweltDruckerei und St. Pauli Roller Derby kooperieren zukünftig, aber es soll ja Menschen da draußen geben, die wohl schon mal von St. Pauli, aber nicht unbedingt vom Roller Derby gehört haben!
Stimmt, auf solche Personen treffe ich regelmäßig. Meistens erkläre ich dann erst mal, dass Roller Derby ein Vollkontaktsport auf Rollschuhen ist – und dass es keinen Ball gibt, denn das ist häufig die erste Rückfrage. Wir skaten zu fünft auf einem ovalen Track gegen ein anderes Team. Eine von uns ist die Jammer:in, die Punkte macht, indem sie das gegnerische Team überrundet. Die anderen vier sind Blocker:innen und versuchen die gegnerische Jammer:in am Punkten zu hindern. Das kann schon mal schöne blaue Flecke geben, die wir „Derby Kisses“ nennen. Der Sport kommt ursprünglich aus den USA, wo immer noch die meisten und auch die stärksten Teams spielen. Außerdem gibt es quasi keine cis-männlichen Personen, die den Sport ausüben – also Menschen, denen bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen wurde und sich auch damit identifizieren. Das macht einen wesentlichen Teil unserer Sportkultur aus, dass er sich als queer versteht und einen Safer Space für LSBTIQ+ Personen darstellt.
In diesem Sinne können St. Pauli als Verein und Roller Derby im Speziellen als Botschafter:innen der Toleranz verstanden werden. Es gibt demnach eine starke Nähe zur Queerszene und der Klub steht geschlossen gegen Rassismus und Sexismus ein. Gerade im Zuge der WM in Katar wurde von den Offiziellen immer wieder eine strikte Trennung von Sport und Politik proklamiert, um die eigene Turnierentscheidung zu legitimieren. Ist das deiner Meinung nach möglich oder inwiefern ist Sport auch Politik?
Streng genommen ist ja schon das Private politisch – wie soll denn da Sport von Politik getrennt werden? Wenn wir als zumeist weiblich gelesene Personen einen von außen betrachtet recht aggressiven Leistungssport betreiben, dann setzen wir damit auch ein Statement. Wir zeichnen damit einen Gegenentwurf zu gängigen Geschlechterbildern und Schönheitsidealen. In der Regel werden wohl eher Knutschflecken als Derby Kisses bewundert.
Für uns ist es wichtig, dass wir mit den Partner:innen, mit denen wir zusammenarbeiten, ein vertrauensvolles Verhältnis haben. Das schließt mit ein, dass Sexismus und Rassismus No-Gos sind und wir beispielsweise viel Wert auf Nachhaltigkeit legen. So können wir uns gegenseitig in unserer Ausrichtung stärken und zeigen, dass Sport und Politik nicht nur uns interessiert, sondern auch darüber hinauswirkt.
Nachhaltigkeit ist ein gutes Stichwort. Ökologische und soziale Werte liegen uns ja beide am Herzen, daher darf dieUmweltDruckerei zukünftig eure Trikotsponsorin sein! Was ist denn an den Trikots selbst so nachhaltig?
Da muss ich vielleicht erst mal beschreiben, was an konventioneller Sportbekleidung nicht nachhaltig ist. Diese ist in der Regel aufgrund ihrer Anforderungen aus plastikbasierten Stoffen gefertigt, wird häufig in Billiglohnländern produziert und legt dann weite Reisewege zurück, um zu den Endkund:innen zu gelangen. Wir haben uns auf die Suche nach einem Produzenten gemacht, der an diesen Schwachstellen arbeitet. Jetzt haben wir mit Reset Sports einen Hersteller, der mit Recyclingmaterialien in Italien produziert und zu guter Letzt auch noch bei uns in Hamburg sitzt. Durch die Produktion innerhalb der EU haben wir deutlich bessere Arbeitsbedingungen innerhalb der Lieferkette, außerdem legen wir Wert auf Nachhaltigkeitszertifizierungen. So können wir sicher gehen, dass wir eine möglichst hohe Transparenz über den Produktionsprozess haben und bei uns am Ende großartige und nachhaltige Shirts landen, die unseren sportlichen Anforderungen gewachsen sind.
Dass dieUmweltDruckerei uns dabei unterstützt und unsere Werte teilt, ist für uns natürlich ein großer Zugewinn. Wie ich vorhin schon gesagt habe, ist es großartig, wenn wir uns in unserer Ausrichtung gegenseitig bestärken.
Das sehen wir natürlich ganz genauso! Die abschließende Frage ist für alle Leser:innen, die bis hierhin gierig deine Worte aufgesagt haben und nun selbst aktiv werden wollen – Wie kann man euch oder den Roller Derby Sport unterstützen?
Am besten, in dem die Personen selbst in einem Roller Derby Verein aktiv werden. Gerne als Spieler:in, aber auch an Schiedsrichter:innen und Trainer:innen haben wir immer Bedarf. Nicht für alle Positionen müssen Skates angezogen werden – wobei das selbstverständlich am meisten Spaß macht!
Wer weniger Zeit hat oder lieber passiv bleibt, ist herzlich eingeladen, einen unserer Bouts (Spiele) zu besuchen. Wir haben auch in unregelmäßigen Abständen internationale Gäste – so zum Beispiel am 11.3.23 ein Team aus Nantes in Frankreich und eines aus Odense und Kopenhagen in Dänemark. Das kommt im Amateursport sonst vermutlich seltener vor. Durch das wertschätzende Miteinander der Teams, den besonderen Flair und die gute Stimmung sind unsere Spiele immer ein Highlight. Wer es zu einem Spiel schafft, darf sich natürlich gerne Merch von uns mitnehmen, davon profitieren wir genauso. Wir wollen ja, dass unser Sport auch abseits des Tracks bekannter wird und wir nicht immer erst mal erklären müssen, dass es beim Roller Derby keinen Ball gibt.